Kompetenzen und Fähigkeiten für Trader

Warum traden Sie eigentlich selbst? Stellen Sie doch jemanden ein, der für Sie tradet. Damit ergibt sich allerdings die Frage: Wie sollte diese Person sein? Was muss sie können, damit sie Ihr Geld vermehrt? Welche Anforderungen würden Sie an solch eine Person stellen?

Anforderungen sind Beschreibungen, wie bestimmte Fähigkeiten ausgeprägt sein sollen, um eine Aufgabe gut erfüllen zu können. Vor allem in der Personalauswahl- und entwicklung spielt die Entwicklung von Anforderungsprofilen eine wichtige Rolle. Bevor Menschen in einem Unternehmen eingestellt werden, erstellt die Personalabteilung Anforderungsprofile, denn sonst wüsste das Unternehmen nicht, welche Menschen zu einer Stelle passen. Kompetenzen sind die Fähigkeiten, die zu dem Anforderungsprofil passen.

Vermutlich werden Sie niemanden einstellen. Somit ergibt sich unweigerlich die Frage, welche Kompetenzen Sie mitbringen sollten, um erfolgreich zu traden. Was sind die Anforderungen, die der Markt an Sie stellt? Wie werden Trader den Anforderungen gerecht? Welche Anforderungen stellen Sie an sich selbst?

Allgemeine Kompetenzfelder

Zur besseren Übersicht werden Kompetenzen häufig in mehrere Kompetenzfelder untergliedert:

  • formale Nachweise
  • Teamfähigkeit
  • Führungsfähigkeiten
  • fachliche Kompetenz
  • persönliche Kompetenzen
  • Methodenkompetenz

Weniger interessant, um privater Trader zu werden, sind sicherlich formelle Nachweise wie eine Ausbildung, Studium und Zertifikate. Denn als privater Trader will man sich nicht bewerben. Auch soziale Kompetenzen sind meines Erachtens keine Voraussetzung, um ein guter Trader zu werden. In der Regel arbeitet man allein. Daher spielt auch Teamfähigkeit meist eine untergeordnete Rolle. Unwichtig erscheint mir auch die Fähigkeit, andere Menschen zu führen. Führungsfähigkeit spielt für private Trader wohl kaum eine Rolle.

Notwendig sind hingegen Fachkompetenzen, methodische Kompetenz und persönliche Kompetenzen.

Kompetenz für Trader

Fachliche Trading-Kompetenzen (Tradingwissen)

Fachkompetenzen sind all die Fähigkeiten, die notwendig sind, um einen Beruf (hier traden) ausführen zu können. Was zur Allgemeinbildung gehört, ist nicht Teil der Fachkompetenz.

Wie gelangt man an notwendige Kompetenzen? Eine Berufsbeschreibung für Trader gibt es nicht, denn schließlich ist Trader kein Beruf. Ein Blick auf ähnliche Tätigkeiten kann in diesem Fall helfen. Unter den Berufsbildern Wertpapieranalyst und Investmentkaufmann finden sich bei Berufenet [1],[2] Fähigkeiten, die auch für Menschen relevant sein sollten, die Trader werden wollen.

Ein Wertpapieranalyst / Investmentkaufmann muss u.a. Wertpapiermärkte im In- und Ausland beobachten und analysieren, Branchen- und Unternehmensrecherchen durchführen, Wirtschaftsdaten, Konjunkturberichte, Marktanalysen, Tages- und Wirtschaftszeitungen und Börsenblätter auswerten. Er muss sich auskennen mit Wertpapieranalyse, Wertpapiergeschäft und Wertpapierrecht, Portfoliomanagement, Risikomanagement und Risikocontrolling. Erwähnt wird auch der Einsatz von Analyse-Tools und das Kalkulieren von Erträgen.

Um einen internationalen Abschluss zum Chartered Financial Analyst (CFA) [3] zu erlangen, muss ein Teilnehmer Kenntnisse in den Bereichen Fondsmanagement, Unternehmensbewertung, Anlageberatung, Aktien- und Derivatehandel, Finanzwesen, Transaktionsberatung und Controlling nachweisen.

Sicherlich muss ein Trader keine Kenntnisse eines Hochschulabsolventen vorweisen. Aber ein praktisches Verständnis dieser Grundlagen ist meines Erachtens hilfreich, um Trader zu werden. Wer mit Knockout-Zertifikaten oder CFD handelt, sollte verstehen, wie diese Derivate funktionieren.

Manch einer wird sagen: Es geht nicht um Wertpapieranalyse, sondern um Chartanalyse. Hier kommt eine Ausbildung des VTAD (Vereinigung technischer Analysten Deutschlands). Sie bietet über ihren Dachverband die Ausbildungsprogramme zum Certified Financial Technician (CFTe) und Master of Financial Technical Analysis (MFTA) [4]. an. Für einen Abschluss muss man sich intensiv mit dem Handwerkszeug der Technischen Analyse auseinandersetzen. Inhalte sind beispielsweise Dow Theorie, Chartanalyse, Indikatoren, Marktbreite-Indikatoren, Relative Stärke und viele weitere Analyseansätze. Darüber hinaus wird der Umgang von Handelssystemen, deren Entwicklung, Testmethoden, Optimierung und Bewertung gefordert.

Letztlich hängen die Anforderungen an einen Trader von seiner Ausrichtung ab. Je systematischer ein Trader vorgeht, desto größer wird der analytische Anteil sein. Diskretionäre Trader gehen manchmal intuitiv vor. Dazu bedarf es eines intuitives Marktverständnis. Aber was genau das ist, müsste an anderer Stelle genau konkretisiert werden. Spontan würde ich sagen: Man benötigt eine gute Beobachtungsgabe.

Gefragt sind also spezielle analytische Fähigkeiten und mathematische Kenntnisse. Hinzu kommen Wissen um Wertpapierarten, Portfoliomanagement und das Handwerkszeug der Technischen Analyse. Was alle Tradertypen vereint, ist ein sicheres Management des Risikos.

Methodische Kompetenzen für Trader

Methodenkompetenz beinhaltet die Fähigkeit, Informationen zu beschaffen, zu strukturieren, auszuwerten, wiederzuverwerten, darzustellen, Ergebnisse von Verarbeitungsprozessen richtig zu interpretieren und sie geeignet zu präsentieren. Ferner gehört dazu die Fähigkeit zur Anwendung von Problemlösungstechniken und zur Gestaltung von Problemlösungsprozessen, schreibt das Gabler-Wirtschaftslexikon [5].

Methodische Kompetenzen basieren häufig auf persönlichen Eigenschaften. So kann Zeitmanagement ohne Selbstmanagement nicht funktionieren.

Diese Aspekte spielen auf den ersten Blick vielleicht eine untergeordnete Rolle. Mach einer stellt sich das Traden vielleicht einfach vor: Finde die richtigen Chartmuster, steige ein, steige aus. Aber so einfach ist es nicht.

Früher oder später kommen auf einen Trader Fragen zu, die Zeitmanagement bedürfen und allgemeine Problemlösekompetenz erfordern. Wer ein Handelssystem entwickeln möchte, muss beispielsweise planen und kontrollieren können.

Persönliche Trader-Kompetenzen

Persönliche Kompetenzen sind für Trader ebenso wichtig wie fachliche Kenntnisse. Sie können über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.

Gewissenhaftigkeit ist nachgewiesener Erfolgsfaktor für viele Berufe. 'Gewissenhaftigkeit ist der zentrale Prädiktor für den beruflichen Erfolg (Schmidt/Hunter 1998), vgl. Rammstedt (2014) [6]. 'Gewissenhafte Menschen sind zielstrebig, ausdauernd, diszipliniert und zuverlässig', schreibt er weiter. Ein sorgfältiges Vorgehen ist also bei der Analyse ebenso wichtig wie bei der Orderausführung.

Risiko: Natürlich spielt das Thema eine große Rolle. Monika Müller, Expertin für Risikoprofiling und Finanzcoach, unterscheidet Risikobereitschaft, Risikobedarf, Risikotragfähigkeit, Risikowahrnehmung [7]. Wer sich Gedanken über sein persönliches Risikoprofil gemacht hat, sollte in der Lage sein, Positionen nach seinem Risikoprofil auszurichten.

Selbstreflexion: Ohne den Mut, eigene Vorgehensweisen infrage zu stellen, kann keine Entwicklung stattfinden. Fehler sind dazu da, um aus ihnen zu lernen. Die Reflexion von Vorgehensweisen und das Überdenken von Entscheidungen sind Voraussetzungen, um Strategien zu verbessern und neue, erfolgversprechende Wege auszuprobieren.

Disziplin fällt dem einem oder anderem sicher zuerst ein. Häufig berichten Menschen, die Trader werden möchten, davon, sich nicht an Regeln gehalten zu haben. Doch Disziplin ist nur ein Baustein von vielen. Sind andere Kompetenzen nicht im Gleichgewicht, so kann eiserne Disziplin andere Eigenschaften nicht aufwiegen (vgl. auch 'Disziplin allein wird nicht reichen') [8].

Weitere persönliche Kompetenzen

Der Artikel ist schon recht lang geworden. Daher möchte ich weitere Eigenschaften nachfolgenden 'nur' aufzählen  - was allerdings noch nicht heißt, dass die Liste vollständig ist. Und das wiederum heißt: sie kann gerne in den Kommentaren ergänzt werden.

Durchhaltevermögen, Entscheidungsfähigkeit, Handlungskompetenz, selbstständige Arbeitsweise, Lernbereitschaft, psychische Belastbarkeit, Eigenverantwortung, Konzentrationsvermögen, Ergebnisorientierung, Frustrationstoleranz und Selbstmanagement.

Kostolany schrieb: Man muss nonkonformistisch sein, zudem 'misstrauisch, zynisch, und auch ein wenig eingebildet sein, um sich sagen zu können: Ihr seid alle Dummköpfe, nur ich weiß etwas.' [9] Das erinnert mich sehr an das psychologische Konzept der Autonomie.

Zu den persönliche Kompetenzen gehören also Gewissenhaftigkeit, Risikobewusstsein, Selbstreflexion, Disziplin, Durchhaltevermögen, Unabhängigkeit u.v.a.

Trader benötigen viele Kompetenzen

Wer Trader sein möchte, sollte die meisten genannten Punkte beachten, da sie helfen können, Erfolg zu ermöglichen. Das Risikobewusstsein kann zu wenig ausgeprägt sein. Möglicherweise ist ein Punkt aber auch zu stark ausgeprägt. Sie zeigen ein Übermaß an Durchhaltevermögen, obwohl alles schon lange Zeit gegen Sie läuft.

Ein Anforderungsprofil ändert sich in Abhängigkeit von der konkreten Tätigkeit als Trader. An einen diskretionären Trader werden sicherlich andere Anforderungen gestellt als an einen Trader, der systematisch vorgeht. Wieder andere Fähigkeiten werden an einen Systemtrader oder gar an einen Anleger gestellt.

Traden erscheint zunächst einfach. Aber wie viele sicher bestätigen werden, bleibt es nicht einfach. Die Voraussetzungen - gerade die methodischen und persönlichen - werden häufig nur nebenbei beachtet. Aber sie machen den Unterschied zwischen erfahrenen Tradern und solchen, die es werden wollen.

 

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Quellenangaben

[1] Berufenet der Bundesagentur für Arbeit, Wertpapieranalyst

[2] Berufenet der Bundesagentur für Arbeit, Investmentfondskaufmann

[3] Wikipedia, Chartered Financial Analyst

[4] Ausbildungsflyer (VTAD), Internationales Zertifzierungsprogramm in Technischer Analyse

[5] Gabler Wirtschaftslexikon, Methodenkompetenz, Link vom 14.02.2018

[6] Rammstedt, B., Kemper, C. J., Klein, M. C., Beierlein, C. & Kovaleva, A., (2014). Big Five Inventory (BFI-10). Zusammenstellung sozialwissenschaftlicher Items und Skalen. doi:10.6102/zis76; Dokumentation: Rammstedt et al.: Skala zur Messung der fünf Dimensionen der Persönlichkeit

[7] Erfolgreich mit Geld und Risiko umgehen; Mit Finanzpsychologie bessere Finanzentscheidungen treffen, 2017, Autorin: Müller, Monika, Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg

[8] Disziplin allein wird nicht reichen, Blogartikel

[9] Kostolanys Börsenseminar, Econ Verlag 1986

 

 

 

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